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Von der Stiftung zum Zentrum – eine Neuaufstellung

von Mansour Aalam, Direktor des Zentrums für neue Sozialpolitik

Die Stiftung Grundeinkommen wurde 2018 von Jan E. Fischer und mir – Mansour Aalam, Direktor des Zentrums für neue Sozialpolitik – gegründet. Sie verfolgte zunächst das Ziel, strukturelle Hindernisse in der Gesellschaft für Potenzialentfaltung, Teilhabe und Chancengerechtigkeit aller zu identifizieren und zu analysieren. In einem zweiten Schritt ging es darum, eine systemische Veränderung voranzutreiben, von der möglichst viele Menschen profitieren.

14. Februar 2023

Mit dem sozialpolitischen Instrument des Grundeinkommens in seiner weitesten Definition wollten wir die entsprechenden Sozialsysteme gestalten. Das Grundeinkommen sollte ein Mindestmaß an ökonomischem Freiraum für alle schaffen, wie es für die Entscheidungsfreiheit und dynamische Potenzialentfaltung unabdingbar ist. Auf diese Weise sollten allen Menschen gute und gerechte Lebenschancen ermöglicht werden. Dabei war unsere Ausrichtung und Herangehensweise stets evidenzbasiert und an den aktuellen politischen Prozessen orientiert. 

Dieselben Überzeugungen, Werte und Ziele leiten unsere Arbeit bis heute. Doch unter sich grundlegend ändernden gesellschaftlichen Rahmenbedingungen sind neue Ansätze zu ihrer Verwirklichung gefordert. Dafür möchten wir uns nun mit einer Vielzahl unterschiedlicher politischer Maßnahmen auseinandersetzen, die eines gemeinsam haben: Sie verfolgen den Paradigmenwechsel von Kontrolle zu Vertrauen und von Bedürftigkeit zu allgemeinem Anspruch. Denn der Reformstau in unserem Sozialsystem ist gerade im Licht der aktuellen politischen Herausforderungen unverkennbar. Deutlich hat sich gezeigt, dass das etablierte Instrument der bedarfsorientierten Transferleistungen mit seinen Prüfmechanismen im Falle kurzfristig drängender Krisen nicht greift. Denn es ist nicht dafür geeignet, schnell auf Notlagen zu reagieren und die unweigerliche krisenbedingte Verschärfung bestehender Ungerechtigkeiten abzuwenden. Unter dem Krisendruck rückte die unbürokratische und schnelle Wirkung von Entlastungsmaßnahmen in den Vordergrund.

Doch kurzfristige Reaktionen und Maßnahmen, wie sie in letzter Zeit zu beobachten waren, genügen nicht. Jede Gesellschaft benötigt auch positive Zukunftsvisionen. Jetzt ist genau die richtige Zeit, um über diese Zukunftsbilder zu verhandeln. Die drängendsten Fragen der Sozialpolitik sollten lauten: Was benötigt eine zukunftsfähige Gesellschaft von ihrem Sozialstaat und wie lassen sich die in Krisenzeiten notwendigen Entlastungsmaßnahmen in ein ganzheitliches sozialstaatliches Konzept für die Zukunft einbetten?  

Unsere für die neuen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen übersetzte Vision: eine faire und zukunftsfähige Gesellschaft, in der ein selbstbestimmtes Leben für alle zugänglich ist. In diesem Sinne stellen wir künftig die Verhandlung der Sozialsysteme der Zukunft ins Zentrum unseres Handelns. Dazu schaffen wir Räume für die Weiterentwicklung und Vernetzung wegweisender Ideen und entwickeln evidenzbasierte Analysen und Konzepte sowie anwendungsorientierte Politikempfehlungen.  

Um dieser breiteren Programmatik gerecht zu werden, nehmen wir eine organisationale Umstrukturierung vor. Als Zentrum für neue Sozialpolitik starten wir zunächst mit einem ersten Bereich namens Zukunftsfähiger Sozialstaat. Hier werden wir die Möglichkeiten der Transformation des Sozialstaats hin zu neuen Prinzipien und Leitbildern analysieren, diskutieren und mitgestalten. 

Ein zweiter, sich gegenwärtig im Aufbau befindender Bereich namens Social Security Lab wird uns den Raum geben, wegweisende Ideen jenseits des klassischen Sozialstaats sowie Impulse und neue Entwicklungen aus Kunst, Kultur oder Technologie zu verfolgen. Dieser Bereich wird bewusst international gedacht und konzipiert.  

Wir schätzen uns glücklich, bei diesem großen Schritt von Wegbegleiter:innen der ersten Stunde ebenso wie von neuen Freund:innen, die unsere Vision teilen, unterstützt worden zu sein. Dafür bedanken wir uns herzlich. Für weitere Anregungen und Feedback sind wir jederzeit dankbar. 

Wir freuen uns sehr darauf, die spannenden Aufgaben, die uns erwarten, gemeinsam mit Ihnen anzugehen!