Neue Orientierung für einen angemessenen Lebensstandard
Ob Bürgergeld oder Mindestlohn: In Debatten über angemessene lohn- und sozialpolitische Standards wird oft auf Referenzwerte zurückgegriffen, die weder auf einer breiten gesellschaftlichen Grundlage beruhen noch den dynamischen Lebensrealitäten in einer sich wandelnden Gesellschaft gerecht werden.
Was fehlt, ist eine Datenbasis, die Aussagen dazu ermöglicht, was Menschen in Deutschland tatsächlich für ein angemessenes Leben als notwendig erachten. Eine stärkere Einbindung von Menschen in sozialpolitische Aushandlungsprozesse kann helfen, die tatsächlichen Bedarfe und Einstellungen besser abzubilden und politische Entscheidungen in Transformationszeiten zu legitimieren.
Im Projekt Lebensqualitätsminimum (LQM) wurde in Zusammenarbeit mit dem Dezernat Zukunft e.V. und unter der wissenschaftlichen Leitung von Dr. Irene Becker und Dr. Benjamin Held ein neuartiger Erhebungsansatz entwickelt, der diese Lücke füllen kann.
Ausgehend von der Orientierung an der gesellschaftlichen Mitte wird in moderierten Fokusgruppengemeinsam mit Bürger:innen erarbeitet, welche finanziellen Bedarfe sich für verschiedene Haushaltsgruppen ergeben – inklusive der Frage, ob und wie ökologische Nachhaltigkeit mitgedacht werden muss.
Ergebnisse der Piloterhebung
Die Einschätzungen der Teilnehmenden bewegen sich vielfach nahe an den Ausgaben der gesellschaftlichen Mitte der Einkommensverteilung
In den Bedarfsfeldern Ernährung und Teilhabe zeigen sich tendenziell höhere Bedarfe
Nachhaltigkeit wird besonders bei Ernährung und Wohnen als wichtiger Bestandteil eines angemessenen Lebens verstanden
Das LQM kann künftig als eine neue, die etablierten Erhebungen ergänzende Referenz für lohn- und sozialpolitische Fragen dienen.
Der LQM-Ansatz liefert einen neuen Referenzwert für lohn- und sozialpolitische Fragen. Aufbauend auf seiner systematischen Weiterentwicklung ist eine Anwendung in drei Szenarien denkbar:
Integration in den Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung, um subjektive und nachhaltigkeitsbezogene Dimensionen sichtbar zu machen
Expertise für die Mindestlohnkommission durch eine bürgernahe und zukunftsgerichtete Datengrundlage
Einsatz in Bürger:innenräten, um gesellschaftlich akzeptierte Leitplanken für ein angemessenes und nachhaltiges Leben zu definieren.
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Torben Fischer kümmert sich am ZSP nicht nur um die Projektplanung und -steuerung, er ist außerdem für die Konzeption und Entwicklung von Studien und Projekten zuständig.
Moritz Rüppel leitet den Bereich Zukunftsfähiger Sozialstaat. Im Fokus seiner Arbeit steht die politisch-strategische Ausrichtung des Bereichs, die proaktive Themensetzung der dort bearbeiteten Inhalte und der Transfer der Forschungsergebnisse in den parlamentarischen und vorpolitischen Raum.
Levi Henze ist Ökonom beim Dezernat Zukunft. Seine Schwerpunkte sind die verteilungspolitischen und makroökonomischen Implikationen von Klimapolitik und Klimakrise. Er war zuvor Mitarbeiter im Abgeordnetenhaus von Berlin und hat dort haushaltspolitische Themen bearbeitet.