Der sozialpolitische Diskurs in Deutschland ist von der Vorstellung geprägt, Sozialpolitik sei vor allem ein Kostenfaktor. Dr. Fabian Mushövel und Prof. Dr. Anton Hemerijck argumentieren in „Bildung als Investition“, dass moderne Sozialpolitik vielmehr als Social InvestmentSocial Investment-Ansatz Der Social Investment-Ansatz ist ein sozialpolitisches Konzept, das den Fokus von reiner Absicherung gegen Risiken (wie Arbeitslosigkeit oder Krankheit) auf Investitionen in Menschen verlagert. Ziel ist es, durch Maßnahmen wie Bildung, Qualifizierung, frühkindliche Förderung oder aktive Arbeitsmarktpolitik die Teilhabech...
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verstanden werden sollte: als gezielte Investition, die langfristig wirtschaftliches Wachstum fördern kann.
Stock Policies für wirtschaftliche Resilienz
Im Mittelpunkt dieses Schlaglichts steht eine von drei Säulen des Social Investment-Ansatzes: Stock Policies, also bildungsorientierte Maßnahmen über den gesamten Lebensverlauf hinweg. Diese tragen maßgeblich zur Produktivitätssteigerung und zur Resilienz der Erwerbsbevölkerung bei – ein Potenzial, das Deutschland bislang nur teilweise ausschöpft.
Zwar gibt es in der Anfangsbildung (frühkindliche Bildung, Schule, duale Ausbildung) Fortschritte und stabile Strukturen, wie das international anerkannte Ausbildungssystem, allerdings zeigt Deutschland Schwächen beim lebenslangen Lernen. Soziale Ungleichheiten bleiben in der Bildungsbeteiligung bestehen, wodurch gesellschaftliche Aufstiegschancen und wirtschaftliche Effizienz gehemmt werden. Besonders kritisch ist Deutschlands schwache Weiterbildungsstruktur im internationalen Vergleich mit Blick auf anstehende Transformationen und Megatrends wie die künstliche Intelligenz.
Schlüsselressource lebenslanges Lernen
Vor dem Hintergrund des rasanten technologischen Wandels wird lebenslanges Lernen zur Schlüsselressource. Ohne flächendeckende, zugängliche und koordinierte Weiterbildungsangebote droht ein massiver Verlust an Arbeitsplätzen und Produktivität. Die bestehenden Governance-Strukturen sind jedoch hoch fragmentiert und schwer zugänglich.
Die Autoren plädieren daher für einen politischen Paradigmenwechsel: Deutschland muss die Bildungspolitik um ein ganzheitliches Konzept des lebenslangen Lernens erweitern. Nur so kann der Sozialstaat seiner Rolle als Wachstumstreiber gerecht werden.