- Veranstaltung
- Roundtable
Vorstellung der Studie Lebensqualitätsminimum

Datum
1. Juli 2025
Uhrzeit
16 bis 18 Uhr
Berlin
Bergmannstraße 102
Preis
kostenlos
Was brauchen Menschen für ein angemessenes Leben?
Diese Frage stand im Mittelpunkt eines Roundtables am 1. Juli 2025 im Zentrum für neue Sozialpolitik. Anlass war die Veröffentlichung des Policy Papers „Lebensqualitätsminimum – Neue Orientierung für einen angemessenen Lebensstandard“, das in Zusammenarbeit mit dem Dezernat Zukunft e.V. entstand.
Das Projekt Lebensqualitätsminimum verfolgt einen neuartigen Ansatz: Bürger:innen selbst sollen definieren, was ein angemessener Lebensstandard ist und so statistische Referenzrahmen um ihre Perspektive erweitern. Am Vorabend der Veröffentlichung der ersten Ergebnisse lud das ZSP Expert:innen aus Wissenschaft, Politik und Zivilgesellschaft zu einem Roundtable ein, um die Methodik und mögliche Wirkungspfade des Projekts zu diskutieren.

Der Roundtable
Was ist ein angemessenes Leben – und wer bestimmt das?
Im Zentrum des Austauschs stand die Frage, wie politische Mindeststandards nicht nur ökonomisch, sondern auch demokratisch legitimiert werden können. Die These: Statistische Schwellenwerte allein reichen nicht aus, es braucht auch gesellschaftlich ausgehandelte Normen.
Zentraler Bestandteil des Projekts sind moderierte Fokusgruppen, in denen Bürger:innen gemeinsam erarbeiten, welche materiellen Voraussetzungen ein Leben in Würde und Teilhabe ermöglichen. Als methodischer Anker dienten reale Konsumausgaben der gesellschaftlichen Mitte. Die Einteilung der Fokusgruppen erfolgte entlang unterschiedlicher Haushaltstypen.
Das Projektteam stellte beim Roundtable die Methodik und die Ergebnisse der Pilotphase erstmals öffentlich vor und diskutierte mit den Teilnehmenden, inwieweit sich der Ansatz als Referenzrahmen für sozial- und lohnpolitische Entscheidungen eignet.
Chancen und Grenzen deliberativer Verfahren
Im Gespräch wurde deutlich, dass deliberative Formate wie Fokusgruppen oder Bürger:innenräte einen wichtigen Beitrag zur Erforschung gesellschaftlicher Bedarfe leisten können – gerade in Zeiten der Transformation. Eine Teilnehmerin wies darauf hin, dass es in der Sozialpolitik keine Naturgesetze gebe, sondern diese immer normativ sei. Entsprechend wichtig sei die Berücksichtigung der Betroffenenperspektive.
Während einige Teilnehmende die Offenheit des Formats lobten, wurde zugleich diskutiert, ob insbesondere marginalisierte Gruppen durch freiwillige Beteiligung ausreichend eingebunden würden.
Das Projektteam räumte ein, dass auch Fokusgruppen Selektionsverzerrungen unterlägen, und betonte, dass ebenso klassische quantitative Erhebungen häufig an marginalisierten Lebensrealitäten vorbeigingen.
Ziel sei dabei nicht Repräsentativität im statistischen Sinn, sondern ein qualitatives Stimmungsbild gesellschaftlicher Verständigung – ein Argument für methodische Vielfalt in der Erfassung sozialpolitischer Bedarfe.






Ziele und Potenziale des LQM
Die Diskussion zeigte: Das LQM birgt Potenzial weit über den Forschungsbereich hinaus. Es könnte mittelfristig als zusätzliche Grundlage für die Arbeit der Mindestlohnkommission dienen, eine Brücke zum Lohnabstandsgebot schlagen oder als Maßstab für staatliche Leistungen mit Teilhabeanspruch fungieren.
Zugleich setzt es einen normativen Impuls: weg von einem rein existenzsichernden Verständnis sozialer Mindeststandards hin zu einem Begriff von Wohlergehen, der Freiheit, Teilhabe und soziale Sicherheit zusammendenkt.
Die Pilotphase hat erste Antworten geliefert. Die nächsten Schritte werden zeigen, welches politische Gewicht dieser neue Referenzrahmen künftig entfalten kann.