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Zurück ins Zusammen: Wie schaffen wir faire Zukunftsperspektiven für alle?

von Zentrum für neue Sozialpolitik

Am 27. März 2025 lud das Zentrum für Neue Sozialpolitik zur Auftaktveranstaltung der Reihe „Zurück ins Zusammen“. Im Berliner Ayoka Event Space diskutierten namhafte Gäste aus Politik, Wissenschaft und Zivilgesellschaft über eine der zentralen Fragen unserer Zeit: Wie schaffen wir faire Zukunftsperspektiven für alle – und was braucht es, damit Chancengerechtigkeit mehr ist als ein politisches Schlagwort?

31. März 2025

Die Paneldiskussion

Das Thema Chancengerechtigkeit ist zentral für die Frage, wie Gesellschaften Stabilität und Zukunftsfähigkeit sichern. Denn soziale Gerechtigkeit und faire Aufstiegschancen bilden das Fundament für demokratischen Zusammenhalt. Diese Idee steht zunehmend unter Druck: Laut einer aktuellen repräsentativen Umfrage sind knapp drei Viertel der Befragten der Auffassung, dass in Deutschland nach wie vor das Elternhaus maßgeblich über Bildungserfolg und gesellschaftliche Teilhabe entscheidet.¹

Vor diesem Hintergrund lud das Zentrum für neue Sozialpolitik am 27. März 2025 zur Auftaktveranstaltung Chancengerechtigkeit – Wie schaffen wir faire Zukunftsperspektiven für alle? im Ayoka Event Space in Berlin ein. Die Veranstaltung bildete den Auftakt der Reihe Zurück ins Zusammen, in der weitere sozialpolitische Themen im Kontext der Chancenfrage diskutiert werden sollen.

Unter der Moderation von ZSP-Direktor Mansour Aalam diskutierten Ricarda Lang (Bündnis 90/Die Grünen), Natalya Nepomnyashcha (Netzwerk Chancen), Harald Welzer (FUTURZWEI. Stiftung Zukunftsfähigkeit), Kai Whittaker (CDU) und Tim Klüssendorf (SPD) über zentrale gesellschaftspolitische Themen. Den Auftakt bildete ein Impulsvortrag der Agentur Cosmonauts & Kings, der eindrücklich aufzeigte, wie sehr sozialpolitische Fragen im vergangenen Bundestagswahlkampf in den Hintergrund geraten waren.

Natalya Nepomnyashcha vom Netzwerk Chancen berichtete von ihren eigenen Erfahrungen als Kind einer Familie mit Fluchtgeschichte und sozialstaatlicher Unterstützung. Sie unterstrich diese Perspektive mit aktuellen Erkenntnissen aus der INGLU-Studie, wonach soziale Herkunft noch immer ausschlaggebend für die Bildungs- und Karrierechancen junger Menschen ist. Insbesondere Kinder aus nicht-akademischen Familien seien deutlich benachteiligt.

Ricarda Lang beschrieb zwei Dimensionen von Chancengerechtigkeit: Zum einen eine utilitaristische, die die wirtschaftliche Bedeutung betont – insbesondere in einer Wissensgesellschaft, in der das wichtigste Kapital die Menschen selbst seien. Der ‚Schatz‘ liege, so Lang, in den jungen Menschen. Zum anderen hob sie die demokratietheoretische Dimension hervor und warnte davor, dass wachsende Chancenungleichheit eines der größten Risiken für die Stabilität unserer demokratischen Ordnung darstelle.

Zudem betonte sie, wie wichtig es sein, die nachfolgenden Generationen trotz ihrer Unterzahl durch den demografischen Wandel politisch nicht aus dem Blick zu verlieren.

„Wir müssen schauen, wie wir es schaffen, das emotionale Selbstwertgefühl der Kinder und Jugendlichen zu stärken und dafür die notwendigen Strukturen zu schaffen.“
Ricarda Lang

Harald Welzer ging auf die gesellschaftliche Dimension ein und erläuterte, dass öffentliche Einrichtungen wie Schulen, die in Deutschland häufig in einem desolaten Zustand sind, symbolisch kommunizieren, welchen (niedrigen) Stellenwert bestimmte Gruppen in der Gesellschaft haben.

Kai Whittaker hob hervor, dass bürokratische Prozesse reformiert werden müssten, um Kapazitäten für individuelle Fördermaßnahmen freizusetzen.

Dabei bezog er sich vor allem auf Maßnahmen im Bereich sozialstaatlicher Leistungen wie dem Bürgergeld. Ricarda Lang ergänzte dies mit der Forderung nach einem kulturellen Wandel hin zu mehr Vertrauen in die Eigeninitiative und Eigenverantwortung der Menschen.

Tim Klüssendorf ging auf den Leistungsbegriff in Deutschland ein und betonte, dass Erfolg nach Chancenerhalt nicht ausschließlich finanziell definiert sein dürfe. Er plädierte für ein umfassenderes Verständnis von Erfolg, das auch gesellschaftliches Engagement, Care-Arbeit oder ehrenamtliches Wirken einschließt. In der Diskussion zeigte sich allerdings, dass es bislang kaum politische Konzepte gibt, um solche Leistungen angemessen zu berücksichtigen oder sichtbar zu machen.

Zum Abschluss gab es noch einige Publikumsfragen und es wurde nochmal konkreter, als Mansour Aalam die Diskutierenden bat, eine Maßnahme zu nennen, die die neue Bundesregierung umsetzen sollte, um die Zukunftsperspektiven für alle in Deutschland zu verbessern. Nach der Diskussion ließen Speaker:innen und Teilnehmende den spannenden Abend bei Getränken, Fingerfood und angeregten Gesprächen ausklingen.

„Vieles von dem was wir als Verwerfungen in unseren gegenwärtigen Demokratien sehen hat damit zu tun, dass man vergessen hat, dass für eine Demokratie Gerechtigkeit essentiell ist“
Harald Welzer

Take Aways und Ausblick

Key Takeaways der Diskussion:

  • Soziale Herkunft beeinflusst nach wie vor stark die Bildungschancen junger Menschen.
  • Bürokratische Strukturen müssen reformiert werden, um Ressourcen für individuelle Förderung freizusetzen.
  • Notwendig ist ein kultureller Wandel hin zu mehr Vertrauen in Eigeninitiative und weniger Kontrolle.
  • Unzureichender Leistungsbegriff: Erfolg und Chancen sollten nicht ausschließlich finanziell definiert werden.

Ausblick

Die Auftaktveranstaltung markierte den Beginn einer Reihe weiterer Diskussionen und Veranstaltungen, mit denen das Zentrum für Neue Sozialpolitik das Thema Chancengerechtigkeit langfristig in den Fokus der gesellschaftlichen und politischen Aufmerksamkeit rücken möchte.

Wenn Sie mehr zu diesem Thema, anderen Projekten oder Veranstaltungen erfahren möchten, kontaktieren Sie uns gern oder folgen Sie uns auf  LinkedIn, Bluesky oder X.

Literaturverzeichnis

¹ Zentrum für Neue Sozialpolitik (2024): Schlaglicht Chancen. Online verfügbar unter: https://zentrum-neue-sozialpolitik.org/projekte/schlaglicht-chancen/, zuletzt geprüft am 1. April 2025.