Im unternehmerischen Umfeld hat sich der „5AM Club“ etabliert – vornehmlich Männer, die auf frühes Aufstehen, Sport und Fokusarbeit setzen. Kinder? Kommen darin nicht vor. Nicht, weil sie keine hätten, sondern weil Sorgearbeit in diesem Effizienzmodell schlicht keinen Platz hat.
Denn Care-Arbeit ist weiterhin unsichtbar. Sie passiert privat und wird selten als „Arbeit“ anerkannt. Dass das Brotdosenpacken, Trösten, Zähneputzen, Anziehen und zur Kita bringen auch früh beginnt, zählt nicht. Und die Pflege der erkrankten Oma am Abend und am Wochenende ebenso wenig. Wer das leistet, hat oftmals mehr als eine 60-Stunden-Woche, nur eben nicht auf dem Arbeitszeitkonto.
Dass Frauen diese unbezahlte Arbeit überproportional leisten, ist nicht neu. Neu ist die Gleichzeitigkeit: Sie sollen finanziell unabhängig, beruflich erfolgreich und engagierte Mütter sein. Politisch heißt das: „Potenziale heben.“ Und gingen da nicht noch ein paar Stunden Erwerbstätigkeit mehr?
Nach engagierten Vätern wird seltener gerufen. Denn das Familienleben läuft – irgendwie. Nebenbei. Unsere Eltern haben’s doch auch geschafft. Für viele Frauen heißt die Lösung: Teilzeit. So arbeiten laut Statistischem Bundesamt fast 70% der Mütter, aber nur 7% der Väter in Teilzeitmodellen. Doch sie verdichten den Konflikt:
gleiche Verantwortung in weniger Stunden, weniger Karriere, weniger Absicherung – und die volle Sorgearbeit obendrauf. Das Meeting findet vom Spielplatz statt, die Nachtschicht ersetzt den Feierabend, wenn der Tag mit Sorgearbeit voll ist. Das ist effizient, aber erschöpfend.
Die Gleichzeitigkeit all dieser Ansprüche ist kein individuelles Problem. Sie ist strukturell – und lösbar. Indem in Beziehungen Sorgearbeit partnerschaftlich aufgeteilt wird. Indem Arbeitgeber an Lebensphasen angepasste Arbeitsmodelle schaffen. Indem die Politik das Modell “zwei Mal vollzeitnahe Teilzeit” fördert, anstatt Überstunden zu feiern und steuerfrei zu stellen. Indem wir Sorgearbeit gesellschaftlich die Wertschätzung entgegenbringen, die sie verdient. Damit frei verfügbare Zeit kein Privileg der Wenigen ist, sondern auch Menschen, die Sorgearbeit leisten, sie erleben.